Finanz und Wirtschaft – Thomas Hengartner

In Family Offices werden Besitz und Nachfolge geregelt, um Konflikte zu vermeiden. Privatmarktanlagen und Immobilien dominieren.

Industriellendynastien aus dem In- und Ausland sind mit eigenen Holdings in der schweizerischen Auflistung der Family Offices aufgeführt – die Jacobs und Schmidheinys wie auch Brenninkmeijers der C&A Modegruppe und die Schmuck-Swarovskis. Gut 70 Einträge sind es, wenn auch die Multi-Family-Offices mitgezählt werden. Sie versorgen jeweils mehrere Unternehmerfamilien mit Vermögens-, Rechts- und Steuerdiensten.

Die 331 reichen Familien aus allen Weltregionen, die in der diesjährigen Studie von UBS und Campden Wealth erfasst sind, verfügen im Schnitt über 808 Mio. $ Geldvermögen. Kumuliert kommen sie auf gut 250 Mrd. $. Sie sind der auffallende Teil des Universums der Superreichen. Deren Netzwerkorganisation Campden Wealth schätzt, dass global 5300 sehr wohlhabende Familien ihre Besitztümer in einem Family Office strukturiert haben.

Auf Generationen regeln

«Am Anfang steht in der Regel die Governance für die Familiengüter», sagt Jorge Frey vom zürcherischen Multi Family Office Marcuard auf Anfrage. Wichtig sei eine von allen Familienmitgliedern mitgetragene wertbasierte Struktur, auch mit Bezug auf die Verwaltung des Familienvermögens. «Wie, wann und auf welche Art es auf die nächste Generation übergeht, sollte dabei nicht vergessen gehen.»

Menschen und Geld gibt es in jeder anderen Familie auch, nur sind die Konstellationen und Lösungen bei den Unternehmerfamilien oft viel komplexer. Basis ist das Familienunternehmen oder allenfalls dessen Verkaufserlös. Dazu kommen selbst genutzte wie auch vermietete Immobilien in verschiedenen Ländern und substanzielle Geldvermögen.

Gemäss der Family-Office-Studie von UBS und Campden Wealth dominieren in den Familienvermögen Anlageklassen ohne regelmässige Handelbarkeit: Private Equity (durchschnittlich ein Fünftel des Totals), Immobilien (ein weiteres Fünftel), HedgeFunds (5%-Anteil) sowie Rohstoffe und weitere Realwertanlagen (3%-Anteil). Auf kotierte Instrumente am Aktien- und Zinsmarkt entfallen lediglich 28 bzw. 16% der Familienvermögen. Dieser Vermögensmix erbrachte 2017 eine Performance von 15,5%. In den Vorjahren wurden Durchschnittsresultate zwischen 0,3 und 8,5% registriert. Mit einer Family-Office-Struktur haben alle Direktbeteiligten denselben Wissensstand. «So kann die Familie besser mit internen Konflikten umgehen und im Erbfall eher ein Fait accompli vermeiden, der die Familienmitglieder auseinandertreiben könnte», resümiert Jorge Frey von Marcuard Family Office. Priorität hat, den Reichtum zu bewahren. Nicht selten liessen sich unterschiedliche Haltungen und Interessen nur mehr schwer überbrücken, erläutert ein Manager eines anderen Multi-Family-Office. Wie können Geschwister beteiligt und motiviert werden, wenn nur eines der Kinder am Familienunternehmen interessiert ist? Wie kann das Geldvermögen der Familie parzelliert werden, wenn die ältere Generation in Kunst, die jüngere aber inVenture Capital investieren möchte und beide nichts vom jeweils anderen halten?

Indexanlagen nicht ohne

Daniel S. Aegerter bündelt seit dem Verkauf einer selbst aufgebauten Internetfirma den Erlös als neu entstandenes Familienvermögen in der Armada Investment. Er beschreibt, wie in begüterten Unternehmerfamilien oft zur Debatte steht, ob «die Familie für die Firma oder die Firma für die Familie» da sein solle. Dank des Erfolgs als Entrepreneur hängt sein Herz an unternehmerischen Investments in Form von Start- und Venturefinanzierungen. Solches privates Kapital bzw. Private Equity ergänzt Aegerter mit Anlagen an den Aktienbörsen: «Wir haben oft richtig gewählt und profitabel investiert, sind aber in einigen Fällen rückblickend zu früh ausgestiegen.» Er bringt gar Argumente vor für die vergleichsweise banale indexorientierte Aktienanlage: «Hätten wir das von Beginn weg gemacht, wären wir im Höhenflug der Amazon-Aktien dabeigewesen, gegen die wir uns als Einzelanlage wegen der hohen Bewertung stets sträubten.» Begüterte Familien suchten nach dem Berater und Mittler, der «ohne eigene Anlageprodukte ins Spiel zu bringen bedingungslos auf der Seite des Kunden steht», sagt Albert Konrad vom Family-Office-Dienstleister Kehrli & Zehnder . Die betuchte Klientel verlangt nach vorteilhaften Investments. In der aktuellen Marktsituation könnten Hedge Funds mit aktiv gehandelten Long/Short-Positionen die passende Wahl sein, meint er.

Den Extranutzen finden

Anstelle üblicher Zinsanlagen in Obligationenform propagiert Konrad direkte Darlehen über den Privatmarkt, bspw. mit diversifizierten Leasing- oder Factoringportfolios. «Solche Geldanlagen sind nicht täglich liquid handelbar, aber dafür korrelieren ihre Preise wenig mit den hauptsächlichen Zins- und Aktienmärkten.» Dem Ziel, in beinahe jedem Marktumfeld eine positive Rendite in Aussicht zu stellen, würden auch strukturierte Aktienprodukte dienen. «Weil Standardprodukte oft sehr hohe Kosten enthalten, bauen wir zusammen mit einem Dienstleister selbst passende Konstrukte», beschreibt der Family-Office-Teilhaber. Da Informationen heute für alle überall und sofort verfügbar sind, müssen Family-Office-Dienstleister ihrer Kundschaft den Durchblick verschaffen und das grosse Ganze unter Kontrolle halten. Oft sind es Ex-Banker, die für sich die überschaubare Spezialistenstruktur gegenüber der Grossorganisation vorziehen. Als Berater bewähren sie sich, wenn sie das Kundenvertrauen geniessen und doch die gebotene Distanz halten.

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